von Friedel Wiedenbrück
Der Name Overhagen wird schon im Jahre 1203 erstmals urkundlich belegt. Da bestätigt der Erzbischof zu Köln am 27. September 1203 dem Kloster Oelinghausen verschiedene von dem Grafen zu Arnsberg und anderen erworbene Besitzungen.
Unter den „cuius rei testes“ (Zeugen dieses Vorgangs) ist ein Herebertus de Overhagen, wie im „Westfälischen Urkundenbuch“ 7. Band Staatsarchiv Münster 1908 zu finden ist. Als der Graf zu Arnsberg 1217 wieder einmal Ländereien verkaufen musste wegen eines Kreuzzugs ins Heilige Land, ist unter den „pr(a)esentes erant“ (anwesend waren) am 14. Mai 1217 ein Reinfridus de Scurlemere, der erste erwähnte Vorfahre unserer Schlossherrn, der Adelsfamilie von Schorlemer, so im oben erwähnten „Westfälischen Urkundenbuch“ zu lesen. Damit ist nicht unbedingt erwiesen, dass die Schorlemers schon zu der Zeit in Overhagen oder im Kirchspiel Friedhardtskirchen ansässig waren.
Der Name „Vredehardiskerken“ - heute Friedhardtskirchen - soll einem alten Grafengeschlecht gleichen Namens gehört haben, das seinen Sitz auf einer „Borg an der Lippe“ nördlich der Hellinghauser Kirche hatte. Noch heute führt ein Wiesenstück in der Mersch bei Hellinghausen den Namen „Borg“. Der Wohnsitz war ein Wasserschloss in der Nähe der Stelle, wo die Gieseler in die Lippe fließt. Während der Soester Fehde im Jahr 1445 ist die Burg „Friedhardtskirchen“ zerstört worden. Nach Geschichtsschreiber Hoischen soll das eben genannte Rittergeschlecht ein Vorgeschlecht der Herren von Schorlemer sein, die später im 14. Jahrhundert z. T. den Beinamen oder Titel „von Vredehardiskerken“ in ihrem Namen führten. Dieses alte Grafengeschlecht „Friedhardtskirchen“ hatte bereits zwei ineinanderliegende Hände als Gerichtssiegel.
Was bedeutet Friedhardtskirchen? Vielleicht hat das Wort etwas mit dem Vornamen Friedhardt zu tun oder ist mit „Friede hart“ (gut geschützt) zu erklären. Overhagen war und ist – geschichtlich gesehen – immer ein Teil von Friedhardtskirchen. Früher war „Vredehardiskerken“ eine aus wenigen Höfen oder Gütern bestehende Herrschaft (mit Verwaltungshoheit) und einigen Haupthöfen, aus denen sich die Gemeinden Overhagen, Herringhausen und Hellinghausen entwickelten.
Die Herren der Friedhardtskirchen waren ursprünglich Soester Ritter. „Theomo de Vredehardiskerken“ war Anfang des 13. Jahrhunderts als Schultheiß (Vorsteher/Verwalter) dieser Grundherrschaft von der Kölner Kirche eingesetzt worden. Ihm übertrug das Erzstift Köln nach Auflösung der Soester Burgmannschaft, zu der er gehörte, die Verwaltung und Verantwortung von Friedhardtskirchen. In einem Vertrag mit dem Kölner Domkapitel nannte er sich 1235 schon „Schultheiß zu Overhagen“ . 1236 nannte er sich „Ritter Tiemo - Schultheiß des Hofes Friedhardtskirchen“. Daraus ist zu schließen, dass Overhagen schon 1235 als Hof bestand, der Ritter dort auf einem Gut oder Haupthof wohnte und Overhagen ein Teil Friedhardtskirchens war. Tiemos Geschlecht ist schon im 13. Jahrhundert erloschen, weil kein männlicher Nachfolger da war. Eine Erbtochter heiratete einen Schorlemer, die ihren Hof auf dem Brockhof bei Stirpe hatten. Ein Freiherr von Schorlemer ist ab Ende des 13. Jahrhunderts nicht nur als Vorsteher, sondern auch als Erbe des Rittergutes Friedhardtskirchen anzusehen. Wie oben erwähnt trugen um 1300 einige Schorlemers auch den Beinamen „Vredehardiskerken“.
In der Tageszeitung „Der Patriot“ vom 17./18.1.1959 wird berichtet, dass der Ort Overhagen „nach wissenschaftlich fundierten Angaben von Ferdinand Schelhasse in Ludorffs Bau- und Kunstdenkmälern“ zuerst im Jahre 1264 genannt wird.
Eine weitere Fundstelle namentlicher Erwähnungen unserer Ortschaft Overhagen: In einer Urkunde von 1229 in „villa ingerinchusen“ (ca. 2 km südlich von Overhagen am Flußlauf der Gieseler gab es früher die Ortschaft Ingeringhausen – heute „Gut Warte“) verzichtete „Erpo von Rheyne auf gewisse Güter in Overhagen, die ihm lehnsrührig waren“ und gab das Eigentumsrecht dieser Güter an das Kloster Benninghausen ab.
Das Kloster gehörte ebenso wie die Herrschaft Friedhardtskirchen zur Kölner Kirche. In anderen Berichten wird dieses Ereignis auf 1292 datiert. Im Raum Overhagen war seit 1229 bzw. 1292 auch Kloster Benninghausen Grundherr. Pöhlingshof (einer der Haupthöfe Friedhardtskirchens) oder Gut Overhagen, welches erstmals 1268 in einer Urkunde des Staatsarchivs Münster vom Kloster Marienfeld erwähnt wird, ist vom Kloster Benninghausen 1455 an das Kloster Marienfeld verkauft worden. Wie erklären wir den Namen Overhagen? „Hagen“ bedeutet eine lebendige Hecke oder ein Waldstreifen als Begrenzung. Der Sage nach sind die ersten Ansiedler in der Hellinghäuser Mersch von der Lippe nach Süden gezogen. Entweder sie flüchteten vor Hochwasser oder vor kriegerischen Horden über den Hagen (Wald) - damit könnte das Große Holz nördlich von Overhagen gemeint sein. Aus der plattdeutschen Äußerung „die sind öwern hagen trocken“ soll der Name Overhagen abgeleitet worden sein. Im 13. Jahrhundert ist Overhagen - wie es weiter vorn schon geschrieben wird - schon am jetzigen Standort gewesen.
Das Wappen von Overhagen ziert heute eine Wand im Bürgerhaus. Dargestellt sind im oberen Teil zwei ineinander liegende Hände. Sie stellen das Gerichtssiegel der ersten Grundherrschaft „Friedhardtskirchen“ dar. Unten im Overhagener Wappen ist ein Zinnenbalken, das Wappen der Adelsfamilie von Schorlemer zu sehen, die als die Nachfolgegeneration der ersten Overhagener Grundherren gilt. Dieses Schorlemer-Wappen wie auch eine Federzeichnung der ineinander liegenden Hände ist auch in Abschriften von Papieren des Freiherrn Friedrich Wilhelm Werner von Schorlemer (gest. 1849) in Akten der Pfarrei Hellinghausen zu finden. Das Wappen, das heute im Overhagener Bürgerhaus hängt, ist aus Anröchter Grünsandstein.
Jahrhundertelang war es an der Südwestwand der Overhagener Kapelle zwischen zwei Fenstern eingemauert. Bei der 1980 erfolgten Renovierung der Antoniuskapelle, die 1971 von der evangelischen Kirche aus dem Besitztum der Familie von Schorlemers gekauft worden war, zerbrach das alte, steinerne Wappen in zwei Teile. Dem ehemaligen Ortsvorsteher Eberhard Ruess ist es zu verdanken, dass es restauriert und in den ursprünglichen Farben übermalt wurde. Heute hat es einen witterungsgeschützten Platz im Overhagener Bürgerhaus.
Quelle: "800 Jahre Overhagen" - Herausgeber: Heimatbund Lippstadt e.V.